Bestseller-Autor Hermann Scherer: “Luftschloss mit Handlungsauftrag”

(BILD: Hermann Scherer)

 

Kann ein kleines Kind die Welt retten? Ja, zumindest ein bisschen, es muss nur ein Luftschloss bauen – und daran festhalten, wenn es groß wird.

Ersteres, das Träumen, ist leicht, Zweiteres, das Dranbleiben, scheint sehr schwierig zu sein. Aber manche schaffen es. Bernard Kouchner beispielsweise träumte als Junge sein Luftschloss: eine Welt ohne Hunger und Armut. Er stellte sich vor, dass er es sein wurde, der das Elend von der Welt vertrieb. Das war so ein bisschen wie eine Superman-Fantasie. Nichts Besonderes. Die meisten Kinder haben hin und wieder ähnlich gelagerte Allmachts-Visionen, Schwärmereien… Luftschlösser eben. Kouchner wollte nichts weniger als die Welt retten. Bei den meisten von uns hört das irgendwann wieder auf und wir werden „realistisch“ .

Und wie war das bei Kouchner? – Mit vierzehn Jahren trat er den französischen Jungkommunisten bei. Dort konnte er besonders gut gegen das Böse agitieren: Gegen den Algerien-Krieg beispielsweise. Oder gegen die Rechtsextremen, die die linke Galionsfigur Simone de Beau voir bedrohten. Er war aber nicht nur „gegen“, sondern auch „für“: Parallel zu sein en politischen Aktivitäten studierte er als junger Erwachsener mit verbissener Leidenschaft Medizin. Denn das machte für ihn Sinn: unterernährte Kinder müssen medizinisch behandelt werden! Auf diese Weise würde er nicht nur protestieren, sondern auch etwas tun.

Genau dieser Drang etwas zu tun sorgte dafür, dass sich sein Luftschloss nach und nach materialisierte, es wurde imme r realer – ob das nun realistisch war oder nicht. Kouchner machte seinen Doktor über die gesundheitlichen Folgen der Mangelernährung bei Afrikanern. Dann suchte er sich vierzehn Mitstreiter und gründete 1971 die „Medicins sans Frontières“ – Ärzte ohne Grenzen. Und ab diesem Moment rettete er täglich die Welt. Er hatte beharrlich über die Jahre die nötigen Voraussetzungen geschaffen, jetzt konnte er endlich ganz konkret etwas gegen den Hung er und die Armut  auf der Welt ausrichten. 1999 wurde die internationale Hilfsorganisation mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Kouchner fand noch weitere Möglichkeiten, Gutes zu tun und Schlechtes zu verhindern: Er war von 2007 bis 2010 französischer Außenminister. 2008 war er außerdem Präsident des Rats der Europäischen Union.

Wa s als o so aus eine m Luftschloss werden kann… aber nur, wenn einer etwas tut, um es zu verwirklichen. Denn Luftschlösser gehören nicht unter

Denkmalschutz, sie wollen bewohnt werden! Eigentlich müssten wir un se re Kind er zu Luftschlossarchitekten ausbilden. Wir brauchen viel mehr Menschen mit Visionen! Dabei muss die Vision überhaupt nichts mit der Rettung der Welt zu tun haben. Es kommt nur darauf an, überhaupt eine zu haben. Glückskinder haben Visionen. Was genau eine Vision ist? Ein großes Ziel? Nein, denn Ziele kann man aus den Augen verlieren, echte Visionen niemals. Ein Ziel ist ein Ziel , aber keine Vision. Eine Vision ist ein Lu ftschloss mit Handlungsauftrag. Wenn es Realität werden soll, dann muss es konkretisiert, in Ziele verwandelt und in die Tat umgesetzt werden. Und dieser Wille zur Realisierung macht aus einem Luftschloss eine verrückte, anspruchsvolle, riesengroße und weit entfernte Vision.

Aber eine, die um alles in der Welt Wirklichkeit werden soll! Denn im Versuch des Unmöglichen kann das Mögliche erst entstehen.

 

 

hermannscherer.com

HERMANN SCHERER

SPEAKER + BUSINESSEXPERT

 

Unser Lesetipp für Sie:

Hermann Scherer: GLÜCKSKINDER: Warum manche lebenslang Chancen suchen – und andere sie täglich nutzen, Campus Verlag, erschien 2016, Preis: 19,95 Euro

 

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